«Alle glücklichen Familien ähneln einander; jede unglückliche ist auf ihre Art unglücklich.» In seinem Monumentalwerk «Anna Karenina», das mit diesem berühmten Satz beginnt, wandte sich Tolstoj nach dem Geschichtsepos «Krieg und Frieden» seiner eigenen Zeit zu und schuf, was Thomas Mann den «größten Gesellschaftsroman der Weltliteratur» nannte. Anna Kareninas Familienunglück ist zu Beginn des 1878 erschienenen Werks von ganz unscheinbarer Art. Wie wenig ihr Mann ihrem Temperament und ihrer Vitalität gewachsen ist, wird ihr erst bewußt, als der charismatische Wronskij in ihr Leben tritt. In allen Nuancen verfolgt der Leser, wie aus der beherrschten Ehefrau eine von der Macht ihrer Gefühle überwältigte, leidenschaftlich und rückhaltlos Liebende wird. Mit Anna Karenina schuf Tolstoj eine der berühmtesten Frauengestalten der Weltliteratur. Doch nicht nur die tragische Heldin gestaltet der Autor in einzigartiger Lebendigkeit: Ohne zu werten, macht der Roman vielerlei Lebensentwürfe im Spannungsfeld zwischen individuell Ersehntem und gesellschaftlich Möglichem sichtbar. Ob im Glanz der Petersburger Adelskreise oder im Arbeitsalltag der Bauern, Tolstoj schildert die Figuren dieses großen Gesellschaftspanoramas mit einer Meisterschaft, die sein Zeitgenosse Dostojewskij als «etwas Vollkommenes» würdigte und damit das Urteil von Generationen von Lesern vorwegnahm. Zum 175. Geburtstag des Autors erscheint der Roman nun in einer gänzlich überarbeiteten und neu kommentierten Ausgabe mit einem Nachwort von Dieter Wellershoff.
ISBN: 978-3-7175-0107-7